Genmanipulierte Nahrung

Wo startet die Genmanipulation?
Immer wieder kommt das Thema auf: genmanipuliertes Essen. Und im Großen und Ganzen wird es immer als böse beschrieben und abgelehnt. Wenn ein Maiskolben von einem Wissenschaftler “bearbeitet” wurde, dann ist er ungenießbar und quasi sofort tödlich. Den Eindruck gewinne ich zumindest immer bei solchen Diskussionen. Und da dachte ich mir, ich sage euch mal meine Meinung dazu, basierend auf dem, was ich dazu bisher so in Erfahrung bringen konnte, auch wenn ich kein Gentechniker, Biologe oder sonstiges bin.

Wo beginnt Gentechnik?

Wenn ich Diskussionen zu dem Thema mitbekomme, an denen ich mich nur selten beteilige, dann gewinne ich oft den Eindruck, dass das Übel dann beginnt, wenn Genstränge im Labor unter kontrollierten Bedingungen verändert werden. Hier ist offenbar eine Grenze, die viele Menschen erschreckt. Meiner persönlichen Meinung nach liegt das daran, dass hier für den Nicht-Wissenschaftler die Nachvollziehbarkeit aufhört. So kleine Gene, die irgendwie geschnippelt und neu zusammengebaut werden… einfach nicht nachvollziehbar und wenn wir was nicht verstehen, haben wir davor Angst. Das verstehe ich, aber ich will hier einfach mal eine ganz andere Grenze in den Raum werfen. Nämlich die, bei der für mich die Grenze zur Manipulation beginnt – und die ist viel, viel einfacher zu erreichen. Hier mal Beispiele davon, was ich meine:

Milch

Habt ihr euch schon mal gefragt, wie viel Milch eine Kuh gibt? Reichen würden ca. 8kg. Das ist die Menge, die ein Kalb braucht, für das die Milch ja eigentlich da ist. Und die Kuh gibt von Natur aus auch nur Milch, wenn sie ein Kalb hat. Mit ein bisschen tricksen und der Kuh vorspielen, sie hätte immer Kälber, können wir sie dazu bringen, immer Milch zu produzieren. Soweit (aus gentechnischer Sicht) noch kein Problem. Was mich aber stutzig gemacht hat, war die Milchmenge bzw. deren Veränderung. Schaut euch mal diese Übersicht zur produzierten Milchmenge an. Da sieht man, dass die Milchleistung pro Kuh von 2000 bis 2007 von 6.122 kg auf 7.000 kg pro Jahr gestiegen ist. Im Jahr 2019 lag sie in Deutschland teilweise schon bei über 9.000 kg (Siehe LKV Sachsen Jahresbericht Seite 28).

Mais

Nur um mal ein Beispiel aus der Pflanzenwelt zu nehmen. Wir alle wissen aus Erfahrung, dass es manche Pflanzen nur in manchen Regionen gibt. Ananas z.B. wachen in Deutschland nicht. Nicht auf Feldern und ich glaube nicht mal, dass jemand die hier ernsthaft in Gewächshäusern züchtet. Im Süden Europas beginnt es dann mit Zitrusfrüchten, aber bei uns geht das nicht. Was sind so typisch deutsche Nutzpflanzen? Hafer, Gerste, Mais, Roggen … klar, kennen wir alle. Ihr könnt es auch aufgrund der Überschrift schon denken, der Mais ist keine europäische Pflanze. In Europa zu finden ist er erst seit dem 18. Jahrhundert, denn unsere Witterung hier ist nicht geeignet für die Pflanze, die ursprünglich in Mexiko beheimatet war. Und dennoch finden wir in Europa riesige Maisfelder. Hier habe ich leider auf die Schnelle nur einen Link zur Geschichte des Mais in der Wikipedia gefunden.

Brauchen wir ein Labor für Gentechnik?

Was denkt ihr, wie kommt es dazu, dass Kühe auf einmal ein Vielfaches an Milch geben und Mais auf einem völlig fremden Kontinent wächst, der für ihn so gar nicht geeignet ist? Natürlich durch gezielte Züchtung. Wenn wir immer wieder die Kühe vermehren, die aus unserem Bestand die höchste Milchproduktion haben, so kommen wir über mehrere Generationen zu Kühen, die ein Vielfaches an Milch geben. Wenn wir den Mais nehmen, der am widerstandsfähigsten ist und ihn immer mehr an kältere Regionen gewöhnen, gezielt kreuzen, dann kommen Pflanzen heraus, die in unserem Klima wachsen und so können wir auch die Erträge erhöhen, denn die Zahl der Maiskörner pro Kolben ist heute sicher auch höher als vor 500 Jahren in Mexiko. Was machen wir hier also? Wir suchen uns die Gen-Merkmale aus, die uns als positiv erscheinen und sorgen gezielt dafür, dass sie weiterbestehen, die schlechten sortieren wir aus und vernichten sie.

Jetzt könnte natürlich jemand mit dem Argument kommen, das wäre natürliche Selektion, aber was bitte bringt es einer Kuh, so viel Milch zu produzieren? Nicht wirklich viel. Die Überproduktion fließt sicherlich teilweise ab, was eine Verschwendung von Ressourcen ist, also nichts, was man reproduzieren will. Im schlimmsten Fall kann es zu erhöhtem Druck und schmerzhaften Entzündungen kommen, die zu einem Durchbruch führen können. Das würde die Fortpflanzungsfähigkeit auch einschränken. Bei Kühen gilt also: Genug ist genug. Genug, um das Kalb sicher durchzubringen, aber nicht mehr als nötig, um effizient zu bleiben.

Und der Mais? Naja, klar mehr Körner könnten zu einer besseren Verbreitung führen und somit den Fortbestand sichern, aber in Europa haben wir Mais nur, weil der Mensch ihn gezüchtet und hierher gebracht hat, nicht weil Mais sich hier von selbst ausgebreitet hat.

Meine Grenze bei Genmanipulation beginnt also nicht erst im Labor, sondern schon bei gezielter Manipulation von Tieren und Pflanzen durch Zucht.

Und nach diesem Standard esse ich, genau wie die meisten von euch, schon seit langem Nahrung, die genmanipuliert ist. Und geschadet hat es mir nicht. Schädlich wird es, wenn wir uns durch die ständige Verfügbarkeit falsch ernähren. Vor 100 Jahren konnten die Menschen nicht 6 Liter Milch pro Kopf am Tag trinken. Heute können wir es und gesund ist das nicht. Aber nicht deshalb, weil es im Grunde genommen genmanipulierte Milch ist, sondern wegen dem, was drin ist. Ob diese Manipulation von Bauern über hunderte Jahre durch Zucht vorgenommen wurde oder von einem Wissenschaftler im Labor ist dabei doch völlig egal.

Negative Folgen von Genmanipulationen

Heißt das nun, ich bin uneingeschränkt dafür, alles so zu manipulieren, wie es uns gerade passt? Nein, das heißt es nicht. Aber nicht deshalb, weil ich die Angst habe, dass mir ein drittes Ohr wächst, wenn ich genmanipulierten Mais esse. Was haltet ihr davon, bleiben wir bei unseren Beispielen, oder?

Kühe

Was denkt ihr, wie alt wird eine Kuh? Klar, bei einer Kuh, die zur Fleischproduktion gezüchtet wurde ist die Lebenserwartung nicht deckungsgleich mit einer Kuh in freier Wildbahn. Deshalb wollen wir mal Milchkühe betrachten. Die machen ja auch als Nutztiere das, wozu sie gemacht sind. Fressen, kalben, Milch produzieren.

Die natürliche Lebenserwartung von Kühen, die nicht als Nutztiere gehalten werden, kann durchaus 20 bis 25 Jahre betragen. Im selben Artikel steht, dass Milchkühe in der Landwirtschaft nur 5 bis 6 Jahre alt werden. Auf diesen Wert kommen auch Tierschützer. Was bringt es der Kuh also? Wir haben oben schon festgestellt, dass so viel Milch im Euter unangenehm sein und zu handfesten Problemen führen kann aber ganz generell verkürzt es einfach die Lebenszeit. So eine Turbokuh lebt einfach nur ein Viertel bis ein Fünftel der Zeit, die eine Kuh sonst hätte. Und das ist, zumindest meiner Meinung nach, ein echtes Problem und eine negative Folge von “natürlicher” Genmanipulation. An dieser Stelle gestehe ich, dass ich in der Hinsicht auch nicht ganz so strikt bin. Ich trinke keine Kuhmilch mehr sondern nun Hafer-, Soja-Milch und Co, ohne mich genau zu informieren, welchen Einfluss das auf andere Bereich der Natur hat und ich esse auch Rindfleisch, wohlwissend, dass die Tiere nicht so lange leben wie sie könnten, aber für mich war der Punkt einfach erreicht, als ich festgestellt habe, dass wir die Lebenserwartung durch die Folgen der Züchtung derart drastisch verringern.

Mais

Im Gegensatz zu Kühen ist der Mais kein fühlendes Wesen, zumindest meiner Meinung nach und naja, für Vegetarier und Veganer wäre das auch verheerend. Stört es den Mais also, wenn man ihn aus dem schönen warmen Mexiko ins kalte, nasse Europa bringt? Ich denke nicht, und selbst wenn, damit hätte ich kein Problem. Auch dass er nun viel ergiebiger ist und die Stängel mehr Gewicht halten müssen. Da muss der Mais durch. Ich habe kein Problem damit, dass wir Nutzpflanzen für unsere Zwecke optimieren.

Ein Problem sehe ich eher darin, was man so von den Firmen hört, die in diesem Bereich zuhause sind. Allen voran ist da natürlich der Teufel schlechthin Monsanto zu nennen. Man hört Horrorgeschichten von Mais, der zwar resistent ist gegen bestimmte Käfer und so mehr Ertrag bringt, der aber dafür spezielle Dünger braucht oder sich nicht einfach wieder aussäen lässt. Soll heißen, der Bauer, der den Mais kauft und anbaut, hat zwar mehr Ertrag, den er verkaufen kann, muss aber im nächsten Jahr neue Aussaat kaufen und kann nicht einfach einen Teil der Ernte aufheben, um ihn neu auszusäen. Fällt hier mal eine Ernte aufgrund von Naturkatastrophen aus, kann das schnell zu Problemen führen. Preiserhöhungen bei den zwingend erforderlichen Sekundärprodukten wie Dünger oder Pestiziden können auch schwerwiegende finanzielle Probleme nach sich ziehen.

Bin ich also dagegen, dass wir den Mais gezielter abhärten als bisher? Mit Modifikationen im Reagenzglas statt durch Züchtung? Nein. Würde ich so einen Mais essen? Klar. Ich hab noch nie auf der Dose Mais, die ich in den Salat oder ins Chilli schütte geschaut, ob er genmanipuliert ist oder nicht. Ihr? Und selbst wenn ich solchen Mais in Deutschland kaufen könnte (was meines Wissens nach aktuell gar nicht geht), dann würde ich damit nicht anfangen.

Was ich nicht gut finde, ist die Situation in die wir die kleinen Bauern bringen, die vor allem in ärmeren Ländern auf Genmais umstellen, um sich so ihre Arbeit zu erleichtern. Deren Leben ruinieren wir bzw. die großen Konzerne damit Stück für Stück. Die Kleinen werden ihrer Existenz beraubt und die großen Agrarunternehmen übernehmen. Und das kann nicht das Ziel sein und ist für mich nicht wünschenswert.

Fazit

Wo also beginnt Genmanipulation? Für mich an der Stelle, an der wir wie auch immer eingreifen, um etwas so zu gestalten, wie es uns besser passt. Reagenzgläser brauchen wir dafür nicht. Stört mich Genmanipulation? Jain. Mich stören die Folgen, die sie für die Lebewesen und die Produzenten hat. Was mich nicht interessiert ist, ob der Mais den ich verdaue im Labor verändert wurde oder auf dem Feld. Für mich persönlich hat das absolut keine gesundheitlichen Folgen. Wenn ihr gegen Genmanipulation sein wollt, dann ist das ok. Für mich gibt es auch Sachen, die ich daran nicht mag. Aber bitte, wenn ihr darüber diskutiert und euch eine Meinung bildet, dann informiert euch ordentlich (aus vernünftigen Quellen!!) und seid aus den richtigen Gründen dagegen. Nicht einfach nur, weil ihr Angst vor dem habt, was ihr nicht versteht. Ihr bekommt es problemlos hin, das zu verstehen und euch ein umfangreicheres Bild zu machen.