Ich beschäftige mich ja von Berufswegen mit dem Thema Social Media und Web 2.0. Nun im Rahmen des Bachelorstudiums Marketing- und Kommunikationsmanagement hab ich auch mal eine kleine Arbeit zu dem Thema verfasst. Es dreht sich darum, wie sich der Markt hin von einem Markt für Massen zu einer Masse aus Nischen entwickelt. Diese will ich euch natürlich nicht vorenthalten 🙂

Entwicklung der Medienwelt in Zeiten des Web 2.0

1. Einleitung

In Zeiten des Web 2.0 rücken Internetplattformen, die den Nutzern die Möglichkeit bieten, selbst Inhalte zu erstellen immer mehr in den Vordergrund. Hierin liegt auch der markante Unterschied zwischen dem Web 1.0 und dem Web 2.0. Der Nutzer (bzw. User) hat die Möglichkeit, selbst Inhalte zu erstellen und diese kinderleicht mit der ganzen Welt zu teilen. Jeder, der über einen Pc oder ein Smartphone mit Internetanschluss verfügt oder auch nur Zugang dazu hat, kann schnell und kostengünstig Neuigkeiten verbreiten. Das Web 2.0 ist das „Mit mach Web“!
Und die Nutzer können das nicht nur, sie tun es auch. Immer mehr Menschen werden zu „Ich-Sendern“ . (Hünnekens, 2009, S. 41)
Im World Wide Web funktioniert dies sogar über Ländergrenzen hinweg. Auch der Sprung über Kontinente ist kein Problem. Durch den schnellen technischen Fortschritt und den damit verbundenen Preisverfall im Bereich Elektronik und Informationstechnologie kann heutzutage jeder technisch versierte Nutzer regelmäßig Inhalte (Text, Bild, Ton und Video) erstellen und diese verbreiten. Bei der starken Steigerung der Internetnutzung weltweit (Wachstum von 2000 bis 2010 nahezu 445%)(von 2005 bis 2010 von 44 Min täglich zu 83 Min täglich) (Internet World Stats) und in Deutschland (ZDF | Pressestelle) stellen sich zwei entscheidende Fragen:
Wird der Inhalt, welcher von Nutzern generiert wird in naher Zukunft mehr gefragt sein, als die Inhalte, die herkömmliche Massenmedien produzieren (und natürlich auch ins Internet stellen)?
Werden die Massenmedien, so wie wir sie kennen aussterben?

2. Entwickelt sich die Medienwelt von einem Markt für Massen hin zu einem Markt an Nischen

Allgemein gesprochen lässt sich der Wandel des Medienkonsums leicht beschreiben. Seit der Zeit in welcher der Buchdruck erfunden wurde, welchem die Zeitungen und später Radio und TV als Informationsquellen folgten, konnte sich nahezu jeder, der über die finanziellen Mittel verfügte, sich Zugang zu diesen Medien zu verschaffen, über die Vergangenheit und das aktuelle Tagesgeschehen informieren. Enzyklopädien und Bibliotheken sammelten das Weltwissen, Tageszeitungen, Radio und TV informierten über die aktuellen Ereignisse. Der Mensch verlässt sich auf das Niedergeschriebene und wählt die Quellen, die sich am besten mit seinem persönlichen Informationsbedarf decken.
Je nach Informationsbedarf waren die Quellen jeher passend oder unpassend. Da die Verbreitung der klassischen Medien sehr kostspielig war und bis heute ist, beschränken sich diese aber auf die Themen, die von möglichst vielen Konsumenten gewünscht werden.
Sucht der Konsument nun nach Informationen, für die sich nur wenige interessieren, nimmt das Angebot überproportional ab. Wie oben beschrieben hängt das Angebot sehr stark mit den Produktionskosten zusammen. In der heutigen Zeit sind die Kosten für die Produktion eigener Inhalte stark gesunken. Dies führt dazu, dass sich viele Menschen aufraffen, zu den Themen, die sie selbst bewegen, eigene Inhalte zu produzieren und diese meist über das Internet zu verbreiten. Nun finden diejenigen, die nicht das Engagement haben, selbst kreativ zu werden, im Internet immer mehr Inhalte, die ihren Interessen entsprechen. Nischen werden gefüllt.
Ein wichtiger Punkt, der nicht außer acht gelassen werden darf, wenn es um das Erstellen von Inhalten geht ist die Tatsache, dass die technische Evolution auch Menschen die Möglichkeit gibt, Inhalte in speziellen Situationen zu generieren, die dazu früher nicht in der Lage gewesen wären. Die Verbreitung von Smartphones, verbunden mit der immens gesteigerten Leistungsfähigkeit der Mobilfunknetze, erlaubt es heute Menschen die bei Terrorattentaten oder in Krisensituationen anwesend sind, nahezu live zu berichten und die Inhalte über das Internet zu teilen. Früher waren dafür Reporter mit Übertragungsequipment notwendig. Beispiele hierfür sind Terroranschläge in jüngster Zeit, bei denen bereits Videos auf Youtube erschienen, bevor Kamerateams von Fernsehsendern anwesend waren.
Im Folgenden möchte ich auf die möglichen Kanäle eingehen und die klassischen Medien mit den neuen vergleichen.

a. Gedruckte Medien

Gedruckte Medien wie Zeitungen und Bücher stehen in dieser Betrachtung vor allem den Blogs gegenüber. Früher erforderte die Produktion von Printmaterialien und deren Verbreitung einen großen finanziellen Aufwand. Die Anschaffung von Druckerpressen war und ist den kapitalstarken Verlagen und Druckereien vorbehalten. Die Verbreitung benötigte ein gutes Händlernetz und ein entsprechendes Marketing für die Erzeugnisse. Der Preisverfall beim Zugang zum Internet und die stetige Weiterentwicklung und Vereinfachung von Blogsystemen erlaubt es heute jedem Technik affinen Menschen die Gedanken in seinem Kopf niederzuschreiben und für jeden, der über einen Internetanschluss verfügt zugänglich zu machen. Im Internet finden wir heute eine stetig wachsende Anzahl an Blogs und Foren zu jedem beliebigen Thema. Der Unterschied zwischen Blogs und Foren besteht dabei in der Produktion der Inhalte. Bei einem Blog werden diese meist von einer Einzelperson oder eine beschränkten Gruppe an Personen produziert und online gestellt. Der Nutzer liest diese Inhalte wie eine Zeitung und ist meist in der Lage Kommentare abzugeben. Foren sind dagegen ein Zusammenschluss vieler Nutzer, die nahezu gleichberechtigt agieren. Hat ein User des Forums eine Frage, stellt er diese dem gesamten Forum zur Diskussion. Die Teilnehmer, die mehr zu dem Thema berichten können, sei es aus Erfahrung oder auf Grund von sonstiger Bildung, geben ihr Wissen dann weiter. Es entstehen häufig rege Diskussionen mit vielen verschiedenen Meinungen.
Hier zeigt sich die Stärke der „neuen Medien“. Interaktion. Web 2.0 als Mit mach Web ist für den Nutzer eine neue Erfahrung, die einen einmaligen Verkaufsvorteil gegenüber konventioneller Massenmedien darstellt. Der Nutzer liest einen Bericht, der die für ihn entscheidende Frage offen lässt. Eine Fachzeitschrift wird dann oft enttäuscht zur Seite gelegt. Ein Blog regt zur Diskussion an. Nachfragen ist erwünscht und sowohl in Blogs als auch in Foren treten bei Fragen schnell andere Experten mit auf, die dem Nutzer bei seinen individuellen Problemen helfen und beraten. Der Rundumservice der hier der oft zitierten Servicewüste, die man bei großen Medienanstalten häufig vorfindet, gegenüber steht ist der Traum für jeden Hilfesuchenden. Und die gesamte Diskussion ist dann auch öffentlich und somit effektiver. Andere Nutzer mit gleichem Problem können schnell davon profitieren. Klassische Medien können hier im Regelfall nicht konkurrieren und drängen den Konsumenten geradezu, sich in seiner persönlichen Nische der Kommunikationsmittel des Internet zu bedienen.

b. Hörfunk

Dem Hörfunk in Form des Radios stehen im Internetzeitalter die Podcasts gegenüber. Podcasts sind Radiosendungen (und natürlich auch Videobotschaften), die Online gestellt werden und die der Nutzer dann zu einer von sich bestimmten Zeit konsumieren kann. Auch hier werden Themen behandelt, die es sonst nicht in die Massenmedien schaffen würden. Ein großer Vorteil von Podcasts liegt in der Möglichkeit, diese von Natur aus beliebig oft und zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu konsumieren. Während Radioprogramme aufgezeichnet werden müssten, ist dies für den Konsumenten nur mit zusätzlichem technischen Aufwand möglich. Einen Podcast kann man aber auch in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit hören, wo Radioempfang nicht möglich wäre. Die Nische, die Podcasts bilden zeichnet sich also sowohl durch die Inhalte als auch durch die Möglickeiten des Konsums aus.

c. Fernsehen

Da die Produktion von Fernsehfilmen und Serien noch teurer ist und noch mehr Aufwand fordert als das Verlegen von Magazinen, ist die Auswahl im TV Bereich noch kleiner als im Print Bereich. Heute sind von vielen Quellen Video Inhalte zu unterschiedlichsten Themen verfügbar. Allein auf Youtube werden pro Minute ca. 24 Stunden Videos hochgeladen. Das Angebot von Videoplattformen und Video-Podcasts ermöglicht es dem Nutzer, sich sein eigenes Fernsehprogramm zusammen zu stellen und seine persönliche Nische so visuell auszuleben.

d. Zensur

Es wäre gewagt, zu behaupten, die Presse in Europa wäre zensiert. Generell macht sich aber bemerkbar, dass einige Zeitungen und TV Sender davor zurückschrecken, negativ über Unternehmen zu berichten, von denen sie große Werbebudgets beziehen. Gerade Blogs sind hier sehr viel offener. Man erhält Informationen, die es nicht in die Massenmedien geschafft hätten.

e. Beurteilung

Es steht außer Frage: In Zeiten des Web 2.0 werden im Internet immer mehr Inhalte publiziert, die auch die kleinsten Nischen ausfüllen. Wer Interesse an bestimmten Themen hat, findet dazu in der Regel auch passende Inhalte. Hobbymäßig erstellte Inhalte kommen aber nicht an die Qualität der Inhalte heran, die professionelle Journalisten erstellen (Qualitätsjournalismus). Das Netzwerk der großen Agenturen ermöglicht auch oft eine Berichterstattung, die fundierter ist als das, was Hobbyjournalisten erstellen können. Oft sind Privatleute zwar in der Lage schneller zu berichten als Massenmedien, darunter leider aber häufig die Qualität. Handyvideos kommen nicht an die Qualität von Fernsehkameras heran. Presseausweise ermöglichen den Zugang zu Bereichen, welche dem Augenzeugen verwehrt bleiben (z.B. hinter Polizeiabsperrungen). Durch hochqualitative Recherche sind Journalisten auch in der Lage, Hintergründe und Zusammenhänge darzustellen, die dem Hobbyautor oft verborgen bleiben.

3. These: Die Massenmedien werden aussterben

Die Möglichkeiten, sich selbst sein individuelles TV- und Radio-Programm so wie eigene Zeitungen zusammen zu stellen legt die Vermutung nahe, dass bald jeder nur noch Informationen für sein persönliches Interesse aussucht. Nach dieser Theorie wären Massenmedien überflüssig, da jeder nur noch seine eigenen Nischen bedient. Massenmedien sind allerdings weiterhin nötig, weil sie, wie oben aufgeführt doch Vorteile gegenüber dem Nischenjournalismus bieten.
Die Herausforderung der Massenmedien besteht nun darin, sich im Kampf um die Marktanteile zu behaupten. Dies schaffen sie, in dem sie die gleichen Absatzwege erschließen, wie Hobbyjournalisten. Das Internet. Heute stellen viele Tageszeitungen und Fernsehsender ihre Inhalte also auch im Internet bereit. Die Nutzer sind in der Lage, verpasste Fernsehserien auf der Webseite der Sender anzusehen. Dies ist dann als weiterer Vorteil noch mit weniger Werbeunterbrechungen verbunden.
Ein nicht zu verachtender Vorteil der Unternehmen, die Massenmedien publizieren, ist die finanzielle Lage. Mit diesem Rückhalt haben sie die Möglichkeit schnell neue Vertriebswege aufzubauen. Die bereits erstellen Inhalte können, nach der Investition in die Produktionswege für digitale Inhalte, langfristig auch auf Ereadern und Tablets sowie im Internet verbreitet werden. Nach Erscheinen des iPads werden jetzt immer mehr Zeitungen direkt für dieses Medium verkauft. Die Massenmedien kämpfen also um ihr Überleben, indem sie sich auf das konzentrieren, was sie auszeichnet, den Qualitätsjournalismus und diesen dann auf neuen Absatzwegen verbreiten. Mit dieser Taktik sind sie bisher erfolgreich und scheinen erfolgreich zu bleiben. Ein weiterer Vorteil, den die Massenmedien haben, ist natürlich das Vertrauen, das die Bevölkerung ihnen entgegen bringt. Dieses Vertrauen zeigt sich natürlich auch im Ranking der Suchmaschinen. Sucht man nach aktuellen Informationen in der weltgrößten und erfolgreichsten Suchmaschine Google, so erscheinen die Online-Angebote der Massenmedien meist selbst vor renommierten Bloggern.
Da Massenmedien sich auch durch ihre Kontinuität auszeichnen kann man sich als Konsument auch auf das regelmäßige Erscheinen verlassen. Wer die Tagesschau abends nicht sehen kann, weiß, dass er sie normalerweise am nächsten Morgen herunterladen kann. Dies ist nur möglich, da dieses Format jeden Tag erstellt wird. Egal, wie gut Blogger und Podcaster sind, im Regelfall erstellen sie die Inhalte nicht hauptberuflich und haben so aus wirtschaftlichen Gründen nicht die Möglichkeit so häufig qualitativ hochwertige Inhalte zu erstellen.
Der Bereich, der wohl am meisten von der Verdrängung gefährdet ist, ist das „reality TV“ und Talkshows. Diese Sendungen sind meistens nicht von der journalistischen Qualität geprägt, die z.B. Nachrichten im öffentlich rechtlichen Fernsehen auszeichnen. Es handelt sich hierbei um (seichte) Unterhaltung, die viele Zuschauer nicht auf Dauer unterhält. Hier hat der Konsument sicher den größten Drang, seine Zeit sinnvoller zu verbringen und wird sie eher in seine Nische investieren als in eine für ihn sinnfreie Berieselung.
Die Massenmedien werden also nicht durch Nischen verdrängt. Sie werden sich behaupten können und weiterhin Informationen über aktuelle Themen berichten. Der Konsument wird weiterhin auf den Qualitätsjournalismus vertrauen. Dieses Vertrauen, gepaart mit den neuen Bezugsquellen sichert den Stand der Massenmedien in der Medienlandschaft. Eines wird sich aber ändern: Bald gibt es keine Einteilung mehr in Print und Fernsehjournalisten, sondern nur noch in gute und schlechte Journalisten (Hombach, 2010). Der Wandel im Medienmarkts steigert die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest die schlechten Journalisten der neuen Konkurrenz zum Opfer fallen.

4. Zusammenfasssung

Das Web 2.0 wird mit seinem User generated Content für viele Nischen Informationen bereit halten. Diese werden die Massenmedien gut ergänzen. So sollte jeder Computer affine Nutzer in der Lage sein, sich seinen persönlichen Medienmix zusammenzustellen, gehaltvoller Profijournalismus, gepaart mit Expertenmeinungen aus seinem persönlichen Umfeld. Vielleicht wird diese Medienevolution große Sende-Anstalten dazu zwingen das Programm hochwertiger zu gestalten. Es ist somit nicht nur möglich, sondern sogar wahrscheinlich, dass die Fortschritte in der Informationstechnologie die Medienlandschaft verändern werden. Sie werden allerdings nicht in der Lage sein, Massenmedien vollständig zu ersetzen bzw. abzulösen.
Das der User generated Content nicht nur eine weitere „Sau“ ist, die durchs weltweite Netz getrieben wird, zeigt sich wohl an den Leserzahlen. Im Juli 2008 erreichte die Bloggertruppe Gawkwer Media 254 Millionen Klicks und damit doppelt so viel Datenverkehr wie die Online Ausgabe der Los Angeles Times (127 Millionen Klicks). Bereits 2006 erreichten alle Blogs zusammen ca. 57 Millionen Leser. Laut einer Studie aus dem Jahr 2008 erreichen Tageszeitungen nur rund 50 Millionen Leser (Jarvis, 2009, S. 97).
Natürlich lässt sich mit modernen Hilfsmitteln schon heute der genaue Verlauf der Medienentwicklung über die nächsten 50-100 Jahre genau bestimmen. Hierzu haben wir im Internet recherchiert und ein adäquates Hilfsmittel gefunden. Den passenden Link finden Sie im Quellenverzeichnis (Wikipedia, 2010).

Literaturverzeichnis

Hombach, B. (2010, 11 11). Bitte Stören . Zeitungsverlage erfinden sich neu . München, Bayern, Deutschland.

Hünnekens, W. (2009). Die Ich-Sender. Göttingen: BusinessVillage GmbH.

Internet World Stats. (n.d.). Internet World Stats. Retrieved 12 08, 2010,
from http://www.internetworldstats.com/stats.htm

Jarvis, J. (2009). Was würde Google tun. München: Verlagsgruppe Random House GmbH.

Wikipedia. (2010, Oktober 19). Retrieved 12 27, 2010,
from Wikipedia Deutschland: http://de.wikipedia.org/wiki/Glaskugel_%28Okkultismus%29

ZDF | Pressestelle. (n.d.). Media Perspektiven. Retrieved 12 08, 2010,
from http://www.media-perspektiven.de/pressemitteilung_mk_2010.html#c19967

Download als PDF: Entwicklung der Medienwelt, Josef Max Hajda
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